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Sunday 9 July 2017

Der Parkbank Pinkler
Kapitel XVIII: eine Wirr-Erklärung

XVIII.

Angesagt wird bestimmt nun ein Wort über unser Thema und, wo wir gerade dabei sind, über die Erzählweise, deren nervensägend prätentiöse Vorspiegelung — die uns womöglich beziehungsweise höchstwahrscheinlich unnötig verwirrend und verschachtelt vorkommt —, markant versucht, uns vom Thema abzubringen. Und sind wir schon dabei, unter anderem die Fragestellung der Erzählperspektiven auszutragen, würde es auch nicht schaden, ein Kapitel gleich auf Metaebene zu verfassen. Wir sind schon dabei.


In engeren Sinn heißt „dabei”, dass das Wir zusammenführt, was auch immer noch zusammen fährt. Obwohl es vorgeblich viele gibt, vermeintlich unzählig viele, die nicht mit uns zusammenfahren, wird sie denn auch nicht hiermit, zumindest nicht explizit hiermit, zusammengefasst. Das einbegriffene Wir dürfte nur schwerfällig behaupten, gerade diese Worte nicht mitzulesen, es sei denn mit Lesen ist Deuten gemeint, oder die Frage zum Lesen würde von Dritten angeschnitten, was hieße, vom angehend neutralen Erzähler. Sind wir neutral? Dachten wir auch nicht. Fahren wir weiter zusammen in unserer Wir-Erzählungs-Vehikel, ohne Ausstiegsklausel vorgesehen.

Wo waren wir? Ach, ja, das Thema. Egal wie hart unsere Zeiten für uns, sind unsere Zeiten für andere noch härter. Andere sind Dritten, wozu wir selbst als andere Dritten nicht gehören, obwohl jene ihre wie diese unsre eine Ganzheit gestalten. Wir streben doch danach, zu dem Ganzen nicht zu gehören, oder vielleicht nur — nicht ganz zu gehören. Wenn auch uns selber zuliebe, glauben wir nicht zur Sache gehörig zu sein. Wir sind trotzdem genau das, denn es gibt keine Drittperson außer jener, mit der wir uns kurz jedoch immer wieder vom Thema ablenken, in der dritten Person erzählt und verwirklicht. Wir sind zur Sache gehörig, indem wir untrennbar zum Ganzen gehören und darüberhinaus zum Ganzen des Ganzen.

Wir meinen nicht, als wären wir uns nie mit Dritten identifizieren können. Es ist das Schaffen der von uns gelenkten Erzählkunst, das uns trotz Fremdwahrnehmung so allgegenwärtig wie das Menschendasein ermöglicht, uns in allerhand Bilderstürmer hineinzuversetzen und einzufühlen. Es ist aber auch ein und dasselbe Erzählprinzip, was zu unsrer immer währenden Verfremdung beiträgt und diese hochhält.

Während wir uns als Einzelne vorstellen, gehörig sind wir zum Zusammenhang und Widerstreit. Wenngleich wir uns teilen in sie und sie, gehörig sind wir zum Regiment sowie Opfern. Wenn wohnen wir auch nur von der Hand in den Mund, oder mit nichts mehr als Sternhimmel als Dach über den Kopf, gehörig sind wir zur Marine und Milchstraße ebensogut wie zum Wald und Tierkreis.

Es wurde einmal gesagt, es gebe drei Wahrheiten: Eine für einige, eine andere für viele andere, und ein gewisses Unbekannte. Im weitesten Sinne möglich sind diese wohl Wahrheiten. .  . drei Unwahrheiten. Auf dreierlei Art auch lassen sich Lügner und Nichtlügner vergleichen: Der Lügner beschäftigt sich mit dem Lügen zu sehr, um Zeit zu verschwenden, darauf zu beharren, dass er irgend eine Wahrheit sagt. Dabei befassen sich Nichtlügner so tief mit der Lüge, da sie nie vergessen, dass sie eine Lüge leben und dadurch entschlossen sind, elegant in der Philosophie von bedingte Wahrheiten zu äußern. Und der entscheidende Faktor, wie sich Lügner und Nichtlügner von einander absetzen? Der bleibt unbekannt. Dasselbe gilt für Dieb und Nichtdieb.

Die Übertragung vom Folgenden wirkt klar aber nicht unbedingt unmittelbar: „Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.” Da wird wohl eine Idee besagt, die aber aus anderer Perspektive noch direkter aussieht: Was wir tun, tun wir uns. Leider sind wir nicht so direkt belehrbar. Daher die dritte Person.

Aber was ist unser Punkt? Wann kommen wir endlich zum Punkt? In der Frage steht die Antwort: endlich. Wir kommen entsprechend unserm Thema alle zusammen zuerst zu einer Reihe von Nebensätzen, zwischen welchen, wie üblich, Kommas hinabhängen, und dann, genau wo er doch hingehört, kommen wir schließlich zum Punkt.

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