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Wednesday, 2 November 2022

Der Parkbank Pinkler Kapitel XXXV:
zum All Seouls' Day

“Was soll schon passieren?
—gehört
im engsten Ausgehviertel


XXXV.
 
Wie hieß der Typ, der uns das Speed für den Ausflug nach Itaewon besorgte? Lan-hi oder Lonnie? Anglisiert hat er dem Name auf jeden Fall.
 
Nein. Lan-hi war die Freundin, die ich für mich als meine so gern gehabt hätte. Die, die die erste von zwei bücherstützenden Romanen meines Liebenslaufs, die mir das unvermutete Ende meines sich nach ihr Sehnens beigebracht hat, nach dem monatelangen Verlangen und angeblichen Sehnen.
 
Wie? Eine einfache Frage, ob ich das wirklich wolle. Direkt in die Augen schauend,  gestellt als sei das das erste Mal wir einen ehrlichen Miteinander hatten, schenkte sie mir das "Denk drüber nach" nach und ein "Also, mal ehrlich" dazu, und alles auf den Punkt gebracht wurde diese mit "Komm".
 
Es war wie ein Aufwachen. Nun, da ich mir noch mal drüber nachdenke, glaub ich, ich wurde ausgetrickst. Von Lan-hi oder von mir selbst, weiß ich nicht. Lan-hi. Brachte mir auch dieses Lied bei. Sarang hae tan si nul.
 
Ach, ja! Monty hieß er! Oder vielleicht Mon-hi, wie Money. Er hat das Zeug ohne Bedenken vor uns auf den Tisch gelegt, mitten in der Kneipe. "Ist cool", meinte Monty, in einer beruhigenden Art besagt, aber auch wie "Beruhigt euch" gelandet, als wir uns drüber so aufgeregt haben, Andy und ich. Das war gerade nicht allzu überzeugend, zumal er zwei Handvoll quergeschnittener Strohhalme nachlegte. Andy versuchte diese blitzschnell in seine Tasche zu verstecken und die meisten fielen auf den Boden und rollten in alle Richtungen.

Im Bus nach Seoul roch es nach Kimchi. Wir waren die einzigen Charlies. Daher wusste der Busfahrer, wir würden nach Itaewon-dong befördert. Auf dem Rückweg, hätte er unserer leblosen Körper auf der Straße deponieren können. Auf dem Weg dahin waren wir wach. Zu wach.

Die Straßen von Itaewon waren so eng wie alle für betrunkene G.I.s konzipierten Gassen, in denen sie sich gelegentlich Luft machen sollen, um ihre Stimmung zu erhalten. So die Idee. Am besten zu Fuß. Kommt Alkohol ins Spiel, wird "gelegentlich" zu etwa "für jede Gelegenheit" umgesetzt. Espirituosen de Corps -mässig.
 
Dieses Viertel brachte die Teilstreitkräfte zusammen, wobei jene zu erhaltener Stimmung auf Kampfgeist kam. Bei dieser Gelegenheit hatte ich eine Einwegkamera parat. Ein Bisschen zu begeistert nahm ich Bilder von einem vor mir auf der Straße plötzlich aufgebrochenen Handgemenge auf. Schnapp! Schnapp schnapp! so. Ein anderer Zuschauer sprach mich darauf an, was gibt es da zu begeistern, so. Hat mich aufgeweckt. Zum Glück. Er wollte mir sonst gleich das Licht ausknipsen.
 
Wir waren eine Menge Ameisen da draußen, zwischen Kneipenreihen und Gassenessen, uns in den Schänken schleppend und auf den Straßen und in den Schänken wieder. Nicht nur Yanky und Limey und sonst welche Idioten. Einheimische Ameisen auch. Soviel Schlipsträger auf Sauftour sieht man sonst nirgendwo.
 
Sie machten es allerdings etwas anders. Anstatt einen Streifzug durch die Kneipen zu machen, betraten sie erstmals ein Lieblingslokal, worin sie den größten Tisch aussuchten, umso runder desto besser. Daran setzten sie sich nieder und bestellten die erforderliche Flaschenzahl an Bier, um den Tisch zu decken. Sie standen nicht wieder auf bis sie nicht aufstehen konnten. Erneut so auf dem Asphalt mitten in der breiten Gassenmassen, kamen sie mir so vor, als würde ihnen in der Vorstandssitzung Pillen untergejubelt.
 
Ich erinnere mich an einen, der vergebens versuchte in einer Richtung zu gehen, während er von seinem Heer gegen seinen besoffenen Willen in genau der anderer Richtung gezogen wurde. Als will er weitersaufen, dachte ich damals, aber vielleicht war er der einzige, der einfach nur nach Hause wollte.

Jedenfalls sah er unheimlich wie eine waschechte Ameise aus, die ich eines sonnigen Nachmittags dabei beobachtet hatte, wie sie von einem Baum herab durch eine aufsteigende Ameisenkolonne gezogen wurde. Ein Eindringling, dachte ich damals. Aber vielleicht wollte er halt nicht arbeiten.
 
Hier sind wir nun, wie der strubbeligen Sailor, der seinen albernen weißen Hut verliert, oder die torkelnden Geschäftsvölker, die die Länge unserer Nächte nicht ertragen können, wie wir allesamt abgelenkt über unsere eigene Mode stolpern, dazu verurteilt, unsere Zeit körperlich abzusitzen, Schulter an Schulter in den Straßen, Wange an Wange in den Trinkhallen, als unser Architekt uns wie zwischen Bauwundern beisetzt, umso besser uns ewig im Auge behalten zu können, und weil wir darauf brennen, uns zusammen zu betäuben [dying to be together].
 
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